In der ersten Hälfte des laufenden Jahres erlebte unser Rettungsdienst eine signifikanten Führungswechsel. Dieser Wechsel brachte eine Welle frischer Impulse mit sich, in die ich aktiv und intensiv involviert war. In einer ersten initialen Strategieklausur haben wir gemeinsam mit Teammitgliedern unsere Vision formuliert und erste Massnahmen konzipiert. Diese Vision wurde dem gesamten Team vorgestellt. Anschliessend hatten alle Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit, auf einem Miro-Board ihre eigenen Gedanken, Anregungen und Bedenken transparent zu teilen. Diese Rückmeldungen wurden von uns aufgegriffen und in einer kollektiven Diskussion weiter ausgearbeitet, bis die endgültige Version stand:
In einer folgenden Entwicklungsphase haben wir die ursprünglich definierte Vision weiter konkretisiert und in gezielte strukturelle Massnahmen überführt, die wir anschliessend erfolgreich umgesetzt haben. Im Zuge dieser Entwicklungsarbeit haben wir unser Führungsverständnis präzise formuliert, welches sich am Konzept des transformationalen Führungsstils orientiert. Dessen Kernaspekte sind die Ausübung einer Vorbildfunktion, die Generierung von Inspiration sowie die Förderung einer kollaborativen Teamdynamik im Prozess der Mitgestaltung und kontinuierlichen Weiterentwicklung. Die Grundprinzipien, die unser Führungsmodell prägen, sind die Anerkennung und Wertschätzung der individuellen Teammitglieder sowie die Etablierung eines stetigen Dialogs durch Feedback und Austausch. Unser ambitionierte Zielsetzung ist es, eine Führungslandschaft zu etablieren, die sowohl in ihrer Agilität als auch in der Förderung der persönlichen und beruflichen Entwicklung jedes Einzelnen Massstäbe setzt. Um unsere theoretischen Überlegungen und die daraus abgeleiteten Massnahmen in einer transparenten und nachvollziehbaren Form zu kommunizieren, habe ich diese auf einem Miro-Board visualisiert. Dort sind unsere Initiativen systematisch in die drei Schlüsseldomänen Struktur, Strategie und Kultur eingegliedert.
Diese Transferarbeit zielt darauf ab, den aktuellen Stand der Organisation darzustellen und konkrete Vorschläge zu machen, wie wir unsere Strategie und Struktur noch weiter im Team verankern können. In diesem Kontext spielt die Kultur eine besonders wichtige Rolle. Oder um es mit den Worten von Peter Drucker zu formulieren: “Culture eats strategy for breakfast.” Obwohl wir in den vergangenen Monaten beachtliche Veränderungen aus einer strategischen und strukturellen Perspektive erlebt haben, muss die Kultur als entscheidender Faktor in jedem Veränderungsprozess stets Berücksichtigung finden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass alle gutgemeinten Bemühungen verpuffen. Es ist mir ein zentrales Anliegen, den kulturellen Puls unserer Organisation zu erfassen. Dabei möchte ich untersuchen, welche spezifischen Ansätze und Impulse erforderlich sind, um sicherzustellen, dass alle Teammitglieder an einem gemeinsamen Strang ziehen und unsere Organisationskultur im Einklang mit unseren strategischen Zielen steht.
Zunächst haben wir die neue Organisationsstruktur mit den einzelnen Fachbereichen implementiert und operationalisiert. Jedes Teammitglied ist aktiv in einem dieser Fachbereiche engagiert, entweder in der Rolle der Fachverantwortung oder als unterstützendes Mitglied. Die jeweiligen Stellenprofile wurden präzise definiert und individuelle Konzepte für jeden Fachbereich erstellt. Diese Konzepte sind inzwischen in der Umsetzungsphase und werden schrittweise in den Arbeitsalltag integriert. Um die Kommunikation und den fachlichen Austausch innerhalb dieser Strukturen zu optimieren, planen wir regelmässige Treffen mit den Fachverantwortlichen. Diese dienen nicht nur der Reflexion und Anpassung innerhalb der einzelnen Bereiche, sondern fördern ebenso einen interdisziplinären Dialog. Auf diese Weise soll ein fruchtbarer, gegenseitiger Austausch von Wissen und Erfahrungen gewährleistet werden.
Die Laufbahnmodelle für die verschiedenen Fachbereiche sind grösstenteils ausgearbeitet. Bis zum aktuellen Zeitpunkt konnten wir für zwölf Teammitglieder, was jedem vierten Teammitglied entspricht, individuelle Weiterbildungsangebote planen und bereits umsetzen. Diese Entwicklung unterstreicht unser starkes Engagement im Bereich des Empowerments. In diesem Kontext setzen wir auf gezielte Qualifizierungsmassnahmen, die sowohl den individuellen Bedürfnissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch den spezifischen Anforderungen der Fachbereiche gerecht werden.
Diese Herangehensweise spiegelt auch Elemente des New-Work-Paradigmas wider, insbesondere in Bezug auf Agilität, Partizipation und die fortlaufende Anpassung an sich verändernde Bedingungen und Anforderungen. Durch diese Massnahmen streben wir eine ganzheitliche, zukunftsfähige Organisationsentwicklung an, die sowohl individuelle als auch kollektive Potenziale zur Entfaltung bringt.
Im Jahr 2023 konnten wir nicht nur in Bezug auf New Work, sondern auch im Kontext von New Learning bedeutsame Fortschritte erzielen. Angeknüpft an die Fokusfelder von Foelsing und Schmitz, haben wir unter anderem im Bereich des bedürfnisorientierten Lernens und der adaptiven Gestaltung (Fokusfeld 2) eine innovative Fortbildungsreihe initiiert. Diese ermöglicht es unseren Mitarbeitenden, auf freiwilliger Basis zusätzliche Weiterbildungen zu absolvieren. Die Fortbildungsreihe trägt den Namen “Von Profis für Profis” und spiegelt damit unsere Intention wider, Fachwissen und Praxiserfahrung direkt innerhalb des Teams zu teilen. Das Format bietet die Plattform, auf der erfahrene Kolleginnen und Kollegen ihr Spezialwissen und ihre beruflichen Erfahrungen mit den übrigen Teammitgliedern teilen können. Damit schaffen wir nicht nur eine dynamische Lernumgebung, sondern fördern auch den internen Wissenstransfer und stärken den Kohäsionsgrad innerhalb unserer Organisation.
Bis dato konnten wir acht umfassende Module etablieren, die jeweils von Teammitgliedern unter Berücksichtigung ihrer individuellen Strärken und Fachkompetenz entwickelt wurden. Einige dieser Module werden im Rahmen eines Blended-Learning-Ansatzes angeboten, was kollaboratives Lernen und Co-Creation fördert (Fokusfeld 3). Ein exemplarisches Beispiel dafür ist mein eigenes Modul zum Thema “Pädiatrie”. Im Rahmen des Scil-Modul “Design Thinking” habe ich ein Miro-Board erstellt, auf dem Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre persönliche Lernziele und Erwartungen formulieren können. Basierend auf diesen individuellen Lernzielen stelle ich videobasierte Fälle zur Verfügung. Diese können die Teilnehmenden im Selbststudium bearbeiten, unterstützt durch von mir bereitgestellte Fachliteratur. Darüber hinaus haben sie die Möglichkeit, die Arbeiten ihrer Kolleginnen und Kollegen zu kommentieren und somit von den unterschiedlichen Perspektiven zu profitieren. Die Präsenzphase des Moduls dient anschliessend der Vertiefung des erworbenen Wissens sowie der Klärung offener Fragen und Unsicherheiten. Durch diesen integrativen Ansatz schaffen wir eine interaktive und individuell ausgerichtete Lernumgebung, die sowohl die Eigeninitiative als auch den gruppendynamischen Austausch fördert.
Im Rahmen des Fokusfeld 5 “Weiterentwicklung im Prozess der Arbeit”, haben wir ebenfalls strategische Initiativen umgesetzt. Konkret haben wir videobasierte Micro-Learning-Einheiten entwickelt, die darauf abzielen, die tägliche Arbeitsleistung effektiv und sicher zu unterstützen. Im Zuge des Scil-Moduls “Workplace-Learning” habe ich beispielsweise ein erstes Tutorial-Video zum Thema Perfusor erstellt. Ein weiteres Lehrvideo, das sich auf die Bedienung des Überwachungsmonitors konzentriert, wurde kürzlich fertiggestellt. Diese videobasierten Ressourcen erweisen sich als sehr nützlich – nicht nur für den täglichen Betrieb, sondern auch als ein integraler Bestandteil der Onboarding-Prozesse für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie bieten eine flexible und leicht zugängliche Methode, um Fachkenntnisse zu vermitteln und gleichzeitig die Qualität der Arbeit zu steigern. Weitere Videos zu Themen wie Fahrzeugtechnik, Beatmungsgerät usw. sind bereits in der Planungsphase. Durch solche Micro-Learning-Ansätze schaffen wir eine kontinuierliche Lernkultur, die unmittelbar an die praktische Erfordernisse des Arbeitsalltags gekoppelt ist und sowohl das individuelle Fachwissen als auch die Teamleistung nachhaltig verbessert.
Auch im Rahmen des Fokusfeld 7 “Experimentierräume eröffnen”, nehmen wir gezielte Massnahmen vor. Eines der neuesten Angebote in diesem Kontext ist die Fortbildungsreihe “Golden Hour”, die im Oktober 2023 erstmalig starten wird. In diesem Format erhalten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Gelegenheit, innerhalb einer Stunde ein ausgewähltes Thema online zu präsentieren und gemeinsam zu diskutieren. Ein besonderer Mehrwert dieser “Golden Hour” besteht darin, dass auch Diplomarbeiten unserer Studierenden vorgestellt werden. Darüber hinaus werden neue medizinische Leitlinien präsentiert und besprochen. Duch das Öffnen solcher “Experimentierräume” fördern wir nicht nur die kontinuierliche fachliche Weiterbildung, sondern schaffen auch eine Plattform für den Austausch von Ideen und Innovationen.
Ein weiterer integraler Bestandteil im Bereich der Weiterbildung ist unsere Simulationsanlage. Durch den Einsatz regelmässiger Simulationstrainingseinheiten schaffen wir einen geschützten Raum für exploratives Lernen. Diese Simulationsszenarien bieten eine hervorragende Gelegenheit, sowohl technische Fertigkeiten als auch Soft Skills wie Teamarbeit, Kommunikation und Entscheidungsfindung zu schulen. Darüber hinaus ermöglichen sie eine direkte Feedback-Kultur, in der Stärken hervorgehoben und Verbesserungspotenziale ohne Reibungsverluste adressiert werden können. Durch die Kombination aus praxisnahem Training und theoretischer Reflexion leisten die Simulationen einen wertvollen Beitrag zur Professionalisierung unseres Teams und zur Erhöhung der Patientensicherheit.
Es lässt sich festhalten, dass wir in den Bereichen New Work und New Learning bereits bedeutende Fortschritte erzielt haben. Diese Leistung ist besonders bemerkenswert angesichts unserer Teamgrösse von rund 45 Mitarbeitenden, die einem 24/7-Arbeitskontext unterliegen. Trotz dieser anspruchsvollen Rahmenbedingungen ist es uns bisher in kurzer Zeit gelungen, substantielle Entwicklungen in der Organisationsstruktur und im Bereich des Lernens zu realisieren. Dies spricht für das hohe Engagement und die Flexibilität unseres Teams, das trotz der hohen operativen Anforderungen die Zeit und Energie findet, an diesen wichtigen Veränderungsprozessen mitzuwirken. Dennoch verstehen wir diese Erfolge nicht als Ruhepunkt, sondern vielmehr als Ansporn, unseren eingeschlagenen Weg fortzusetzen und stetig zu optimieren. Insbesondere im Segment des Micro-Learning und des Performance Supports sehe ich noch viel Potenzial zur Weiterentwicklung. Mein Ziel ist es, weitere massgeschneiderte Lerneinheiten zu konzipieren, die unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gezielte Unterstützung im Arbeitsalltag bieten. Auf diese Weise möchten wir die Qualität der Patientenversorgung sicherstellen und die Professionalität unseres Teams weiter fördern. Zugleich sollen sie als Bestandteil eines umfassenden Onboarding-Programms integriert werden, umso eine reibungslose und effiziente Einarbeitung gewährleisten zu können.
Wie bereits hervorgehoben, spielt die Kultur innerhalb des Teams in jedem Veränderungsprozess eine zentrale Rolle, die nicht ausser Acht gelassen werden darf. Sie ist gleichsam das Zünglein an der Waage, das über den Erfolg oder Misserfolg unserer Bemühungen entscheiden kann. Vor diesem Hintergrund haben wir in der jüngsten Teamsitzung eine Online-Umfrage initiiert, um ein präzises Stimmungsbild innerhalb des Teams zu erfassen. Die Umfrage war sowohl für die vor Ort anwesenden als auch für die online teilnehmenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zugänglich. Dabei wurden diverse Themenbereiche wie Dienstplanung, Führung, Infrastruktur, Logistik, Fuhrpark, Fortbildung usw. aufgelistet. Jede und jeder konnte daraus drei Themen auswählen und diese in einer Prioritäten-Rangliste von 1 bis 3 ordnen. Als Ergebnis kristallisierten sich folgende drei Themen heraus, die die Belegschaft aktuell am meisten bewegen:
Das Ergebnis dieser ersten Umfrage bietet uns zwar einen ersten Anhaltspunkt, ist jedoch noch nicht ausreichend, um konkrete Massnahmen abzuleiten. Aus diesem Grund habe ich eine weiterführende, detailliertere Mitarbeiterumfrage konzipiert, welche noch bis zum 15 Oktober 2023 läuft. Diese zielt darauf ab, den identifizierten Themenbereichen genauer nachzugehen und ein möglichst differenziertes Bild der Bedürfnisse und Anliegen des Teams zu erhalten. Nachfolgend der erstellte Fragebogen zur anonymen Mitarbeiterumfrage:
Vorlage zur anonymen Mitarbeiterumfrage
Zwischenstand
Bisher haben wir eine Teilnahmequote von etwa 70% für die Mitarbeiterumfrage verzeichnet. Die Umfrage ist noch bis zum 15. Oktober 2023 aktiv. Aus Gründen des Datenschutzes kann ich an dieser Stelle nur aggregierte Daten präsentieren. Das vorläufige Ergebnis gestaltet sich wie folgt:
Insgesamt sind die Zwischenergebnisse der Umfrage erfreulich, dennoch zeigen sie auch Schlüsselbereiche, in denen wir uns weiter verbessern können: Dazu zählen Kommunikation, Konfliktbewältigung sowie Vertrauen und Offenheit innerhalb des Teams. Die Freitext-Antworten haben zusätzlich wertvolle Einsichten geliefert, die es uns ermöglichen, zielgerichtete Massnahmen zu formulieren. Um diese Massnahmen detailliert auszuarbeiten und umzusetzen, ist eine zweitägige Klausurtagung mit dem Leitungsteam und vom Team ausgewählten Mitarbeitervertretern für Dezember 2023 geplant. Diese Vorgehensweise spiegelt ebenfalls die Prinzipien von New Work wider. Unser Ziel ist es, den Rettungsdienst nicht einfach durch top-down Entscheidungen zu gestalten, sondern die Entwicklung in einem kollaborativen Prozess mit dem gesamten Team voranzutreiben. Die Einbeziehung der Mitarbeitenden in die Entscheidungsfindung und die Ausarbeitung von Lösungen ist nicht nur strategisch sinnvoll, sondern gewährleistet auch, dass diese Neuerungen im Arbeitsalltag gelebt werden.