Immersive Lernumgebungen

Transferphase

Quelle: https://www.scil.ch

Ausgangslage

Für die Transferarbeit zum Modul “immersive Lernumgebungen” wollte ich ein Produkt erstellen, welches ich in meinen beruflichen Kontext integrieren kann. Die 360°-Videos und das Lernen mit AR, MR und VR haben mich dabei besonders fasziniert. Dabei kam die Idee, dass ich verschiedene Alltagssituationen im Berufskontext des Rettungsdienstes mittels 360°-Video aufzeichnen könnte. In diese 360°-Aufzeichnungen könnte anschliessend mit einer VR-Hardware eingetaucht werden. So können z.B. Laie einen simulierten Einsatz oder eine Sondersignalfahrt virtuell miterleben und so in verschiedene Alltagssituation im Rettungsdienst eintauchen. Zugleich könnten solche 360°-Videos auch für Schulungszwecke genutzt werden, so z.B. für die Einführung in das Fahren mit Sondersignal. Hierbei könnten verschiedene reale Verkehrssituationen aufgezeichnet werden und in ein E-Learning eingebettet werden.

Ziel dieser Transferarbeit ist, dass am Ende zwei Alltagssituationen aus dem Rettungsdienst mittels 360°-Video produziert sind und die einzelnen Prozessschritte dazu festgehalten sind. 

Prozessbericht

Recherche zu 360°-Hardware

Bis dato habe ich noch keine 360°-Videos erstellt und ich wusste auch nicht, wie solche Videos erstellt werden, respektive welche Hardware dafür benötigt wird. Relativ schnell wurde mir klar, dass es dafür eine spezielle 360°-Kamera braucht. Also recherchierte ich in verschiedenen Testberichten zu 360°-Kameras:

Zu beachten gilt, dass die Kamera mindestens über eine 4K-Auflösung verfügt, da sich die Bildauflösung bei einem 360°-Format auf das gesamte Kugelpanorama verteilt. Bei einer Full HD-Kamera mit 1’920 x 1’080 Pixeln bleiben somit nicht mehr viele Bildpunkte im jeweiligen Abschnitt übrig und das Bild wird rasch unscharf. Auf Basis der Testberichte und weiteren Erfahrungsberichten aus dem Internet habe ich mich schlussendlich für die Insta360 X3 Kamera entschieden, welche seit Ende 2022 auf dem Markt ist. Die Insta360 X3 hat ein gutes Preis-Leistungsverhältnis und ermöglicht eine 5,7K-Auflösung für 360°-Videos. Für mich persönlich bietet die Insta360 X3 eine gute Basis für die ersten Erfahrungsschritte mit der 360°-Technologie.

Insta360 X3 (eigene Bildquelle)

Mittlerweile gibt es bereits 360°-Kameras mit einer noch höheren Auflösung, was sich jedoch auch im Portemonnaie bemerkbar macht. Als Beispiel kostet die Insta360 Pro II mit einer 8K-Auflösung rund CHF 4’000.00. Mehr dazu unter folgendem Link:

Recherche zu 360°-Software

Für die Produktion von solchen 360°-Videos braucht es auch eine entsprechende Software dazu. Bis anhin bearbeitete ich meine Videos mit iMovie von Apple. Leider ermöglicht iMovie die Bearbeitung von 360°-Videos aktuell noch nicht. Also musste ich auch für die Software zur Bearbeitung von 360°-Videos eine Recherche machen. CyberLink bietet dazu eine gute Übersicht:

Da ich persönlich bereits mit Adobe Premiere Pro erste Berührungspunkte hatte, habe ich mich aus zeitlichen Gründen für dieses Softwareprogramm entschieden. Diese Software ist verständlicherweise nicht umsonst und kostet im Abo rund CHF 24.00 pro Monat

Videoproduktion

Bei der Videoproduktion müssen verschiedene Aspekte berücksichtigt werden. Wie bei jedem Video ist der Inhalt entscheidend. Für eine 360°-Aufnahme ist es wichtig, dass die Kamera in das Zentrum des Geschehens gerückt wird, damit die Handlung sich möglichst rundherum abspielt. Im Vergleich zum klassischen Video lässt sich die Aufmerksamkeit viel schwieriger steuern, da die Betrachterin und der Betrachter dies selbst steuert. Der Inhalt muss dabei die Aufmerksamkeit so steuern, dass die Betrachterin und der Betrachter nichts verpasst. 

Werden 360°-Aufzeichnungen für VR-Brille produziert, ist besondere Sorgfalt erforderlich, sodass bei der Betrachterin und dem Betrachter keine “Motion Sickness” ausgelöst wird. Die Kamera ist beim Dreh waagrecht zu positionieren, hierfür hilft ein Stativ mit Wasserwaage. Für einen natürlichen Blick sollte die Kamera möglichst auf Augenhöhe positioniert sein. Ein Mindestabstand von 1 Meter sollte eingehalten werden, um ungewollte Verzerrungen zu vermeiden. Abschliessend kann festgehalten werden, dass die Gestaltung von 360°-Videos viel Experimentierfreude und Entdeckergeist erfordert. 

Für meine beiden ersten 360°-Aufzeichnungen wählte ich zwei Alltagssituationen aus dem Rettungsdienst. Die erste Aufzeichnung simuliert eine Patientenversorgung im Rettungswagen. Diese liefert Eindrücke, was in einem Rettungswagen therapeutisch möglich ist und wie das Team zusammenarbeitet. Die zweite Aufzeichnung wurde während einer Sondersignalfahrt aufgezeichnet. Bei dieser Aufzeichnung gilt zu beachten, dass diese Aufzeichnung aus Gründen des Datenschutzes nicht ohne weiteres Online gestellt werden darf. Hierzu müssten unter anderem Autokennzeichen, Fussgängerinnen und Fussgänger sowie Daten auf dem Einsatzdisplay verpixelt werden. Nachfolgend zwei bildliche Eindrücke von den Videoaufzeichnungen:

Aufzeichnung Patientenversorgung im RTW (eigene Bildquelle)
Aufzeichnung Sondersignalfahrt (eigene Bildquelle)

Nachdem die Aufzeichnungen im Kasten waren, ging es an die Bearbeitung des Videomaterials. Nachfolgendes Erklärvideo zeigt auf, wie das Filmmaterial mit der Videobearbeitungssoftware von Adobe Premiere Pro bearbeitet wurde und welche Schritte dabei zu beachten sind:

Ergebnis

Nachfolgend die zwei selbstgedrehten 360°-Videos aus dem Alltag des Rettungsdienstes. Das erste Video zeigt eine simulierte Patientenversorgung im Rettungswagen. Das zweite Video wurde auf dem Anfahrtsweg zu einem regulären Notfall aufgenommen. Beide Videos wurden mit einer Bildqualität von 1080p HD exportiert, was einer Datengrösse von je 3GB entspricht. Aufgrund der hohen Datengrössen (bis zu 12GB) konnten die Videos nicht mit einer 4K-Auflösung im Vimeo-Portal hochgeladen werden. Nichtsdestotrotz kann die 360°-Technologie einwandfrei getestet werden:

Nachfolgend eine kurze Videosequenz mit einer Bildqualität von 4K. Das Video dauert 19 Sekunden und hat eine Dateigrösse von 193MB. 

Nächste Schritte

Als nächstes möchte ich die Videos mit einer VR-Brille testen. Aufgrund der fehlenden Hardware kam ich bisher noch nicht in den Genuss. Gerade für Öffentlichkeitsanlässe sehe ich Potenzial, sodass z.B. Laie eine Sondersignalfahrt mittels VR-Brille miterleben können oder bei einer simulierten Patientenversorgung “hautnah” dabei sein können. Dies werde ich nun mit dem Fachbereich Social Media & Öffentlichkeit sowie der Marketingabteilung vom Kantonsspital Baselland aufgleisen. 

Einen Mehrwert von solchen 360°-Videos sehe ich auch im Bereich des Lernens. Gerade in der Einarbeitungsphase von Studierenden, welche bisher noch keine Sondersignalfahrten absolviert haben, könnte die Technologie hilfreich sein. So könnten z.B. wichtige Verhaltensregeln bei Sondersignalfahrten aufgezeichnet und in einem E-Learning eingebettet werden, z.B:

  • Einspuren und Durchfahrt auf mehrspurigen Autobahnen bei Stauaufkommen
  • Überqueren von Strassenkreuzungen bei Rotlicht
  • gebietsspezifische Verhaltensregeln bei Sondersignalfahrten
  • etc.
Hier stellt sich natürlich die Frage, was der Vorteil von einer 360°-Kamera zu einer normalen Kamera ist. Meiner Ansicht nach, kann die Betrachterin und der Betrachter bei einer 360°-Aufzeichnung verschiedene Perspektiven individuell fokussieren, z.B:
  • das Verhalten der Fahrerin oder des Fahrers
  • die Geschwindigkeit auf dem Tacho
  • die Blickrichtung nach vorne
  • die Blickrichtung zur Seite beim Überqueren von Kreuzungen

Aktuell wird bei uns im Rettungsdienst das Einarbeitungskonzept überarbeitet. Die involvierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter habe ich bereits über die Möglichkeiten von solchen 360°-Videos informiert und ihnen angeboten, dass ich sie bei der Erstellung von solchen 360°-Videos unterstützen würde.

Persönliche Reflexion

Dieses Modul hat mir durch die Immersion in die 360°-Technologie besonders gut gefallen. Bis anhin habe ich mich mit dieser Technologie noch gar nicht gross auseinandergesetzt. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass mich diese praktische Umsetzung der Transferarbeit in der Kompetenzentwicklung stark gefördert und weitergebracht hat. Ein besonderer Mehrwert ist, dass ich die 360°-Technologie in meine Praxis sinnvoll transferieren kann.

In Bezug auf das Lernen war ich bisher der VR-, MR-, AR-Technologie skeptisch gegenüber gestanden. Gerade die Kosten für die Produktion von solchen Videos ist immens, die Hardware dabei mal ausser acht gelassen. Für das nachhaltige Lernen sind Emotionen zentral. Natürlich ist eine solche Technologie zu Beginn spannend und weckt grosse Neugierde. Trotzdem bin ich der Meinung, dass die zwischenmenschlichen Emotionen mit dieser Technologie schwierig anzusteuern sind. Um diese zwischenmenschlichen Emotionen abzuholen, bieten gut moulangierte Schauspielerinnen und Schauspieler meines Erachtens einen klaren Mehrwert, wenn auch nicht umsonst. Abschliessend stellt sich natürlich auch hier die Frage des didaktischen Designs und des sinnvollen Einsatzes von solchen Technologien. Wie bereits in dieser Transferarbeit erwähnt, sehe ich in meinem beruflichen Kontext durchaus lernförderliches Potenzial für diese Technologie und diese gilt es nun sinnvoll weiterzuentwickeln.

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