“Das Lernen hält nicht an, wenn Sie keine Vorkehrungen treffen, welche die Performance im Arbeitsablauf unterstützen” (übersetzt aus Gottfredson & Mosher, 2013) oder um es in den übersetzten Worten von Rosenberg (2013) zu schreiben: “Performance Support ist ein Tool oder Ressource (…), die dem Benutzer genau im richtigen Moment die richtige Menge an Aufgabenanleitung, Unterstützung und Produktivitätsvorteile bietet”.
Im Rahmen dieses Moduls hat mich der Gastbeitrag von Britt Bürgy (TTS) zum Thema Performance Support sehr inspiriert. Performance Support kennen wir alle aus dem Alltag, sei es das Navigationssystem beim Autofahren oder das Kochrezept zum Kochen. Folgende Folie hat mich zum Nachdenken bewegt:
Performance Support bietet hierzu eine optimale Unterstützung, denn es ist:
Während Performance Support in der Tätigkeit selbst die Unterstützung bietet, kommen beim Micro-Learning kleine Lerneinheiten in Lern-, Ausbildungs- und Trainingsprozessen zum tragen. Wichtig ist, dass auf diese Lerneinheiten leicht zugegriffen werden kann, z.B. in Zeitpausen oder auch unterwegs. Micro-Learning kommt also ausserhalb der normalen Tätigkeit zum tragen. Typischerweise dauert eine solche kurze Lerneinheit 1-10 Minuten. Mico-Learning kann in strukturierter Form (z.B. E-Learning), als auch in dynamischen Prozessen stattfinden. Letzteres kann ein kurzes Anleitungsvideo zu einem Gerät sein, welches z.B. nach dem täglichen Gerätecheck wieder einmal zu Gemüte geführt werden kann.
Der Arbeitsbereich eines Rettungssanitäter / einer Rettungssanitäterin erfordert unter anderem viel Flexibilität, ein breites Wissen und viele Fertigkeiten, welche in einer Notfallsituation zeitnah und fehlerfrei umgesetzt werden müssen, umso die Patientensicherheit gewährleisten zu können. Das Einsatzspektrum für einen Rettungssanitäter / eine Rettungssanitäterin ist vielfältig und beinhaltet unter anderem folgende Disziplinen:
Innerklinisch gibt es für die meisten dieser Disziplinen Ärzte und Ärztinnen, welche speziell auf diesen Gebieten ausgebildet sind und gleichzeitig auf langjährige Erfahrungen im Team zurückgreifen können. Im präklinischen Setting fehlen diese Ressource oftmals und die Rettungssanitäter/-innen sind zum Teil auf sich alleine gestellt. Obschon auch hier die Digitalisierung ihre Vorteile bietet, wie z.B. die Telemetrie eines Elektrokardiogramms an einen Kardiologie zur weiteren Beurteilung. Nichtsdestotrotz zeigt sich die grosse Herausforderung und Flexibilität, welche an einen Rettungssanitäter / eine Rettungssanitäterin gestellt wird und dies zu jeder Tages- und Nachtzeit und an unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten. Um all diese Themengebiete auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft zu halten, werden vom Interverband für Rettungswesen (IVR) mindestens 40 Fortbildungsstunden für jeden Mitarbeitenden pro Jahr gefordert. Zusammen mit meinem Arbeitskollege haben wir ein breites Fortbildungsangebot auf die Beine gestellt, wo sich die Mitarbeitenden jedes Jahr individuell zusammenstellen können:
Die zu Beginn erwähnten Disziplinen erfordern aber auch technische Fertigkeiten. Der Rettungswagen ist ausgestattet mit verschiedenen medizinaltechnischen Geräten wie z.b:
Neben diesen Medizinalprodukten gibt es noch weitere technische Fertigkeiten, welche ein Rettungssanitäter / eine Rettungssanitäterin gewährleisten muss. Dazu zählt die Fahrzeugtechnik mit allen möglichen Funktionen und Knöpfe im Fahrzeugcockpit und Patientenraum oder auch die Montage der Schneeketten auf Doppelbereifung bei stürmischen Verhältnissen. Für all diese Geräte und technischen Herausforderungen bieten Performance Support und Micro-Learning eine optimale Unterstützung im oder ausserhalb des Einsatzes. In diesen Bereichen hat mein Betrieb – und wahrscheinlich auch viele andere Rettungsdienste – noch viel Potenzial.
Für meine Transferarbeit habe ich als Pilotprojekt den Perfusor ausgewählt, welcher in der Präklinik sehr selten zum Einsatz kommt. Jedoch wenn er zum Einsatz kommt, dann braucht es einen sicheren Umgang mit diesem Medizinalprodukt, ansonsten kann es rasch zu einer schweren Patientenschädigung führen. Ziel war es, ein Anleitungsvideo zu erstellen, welches die nötige und sichere Unterstützung im und ausserhalb des Einsatzes gewährleisten soll.
Vorgehen bei der Erstellung eines Anleitungsvideos
Für die Erstellung von solchen Anleitungsvideos ist es wichtig, dass man sich zu Beginn Notizen macht, z.B. in Form eines kleinen Regiebuches, indem alle Schritte und nötigen Informationen festgehalten werden, welche anschliessend aufgezeichnet werden sollen. Nachfolgend ein kurzer Ausschnitt aus meinem “Regiebuch” für das Anleitungsvideo “Perfusor”:
Als nächstes folgte die Aufzeichnung des Videos. Hierfür habe ich von A-Z alle Schritte in Echtzeit durchgeführt und aufgezeichnet. Nach der Aufzeichnung wurde die Videosequenz über iMovie geschnitten und formatiert. Die Audioaufzeichnung folgte separat und im Anschluss an den Videoschnitt, umso eine gute Tonqualität gewährleisten zu können. Zur Vorbeugung von allfälligen Versprecher empfiehlt es sich, das Audio vorweg aufzuschreiben, siehe nachfolgender Ausschnitt aus dem “Audio-Buch”:
Nachfolgend ein kurzer iMovie-Ausschnitt aus dem Zusammenschnitt des Videos:
Beim Zusammenschnitt des Videos habe ich bei längeren Handlungen (z.b. beim Vorbereiten des Materials) bewusst den Schnelllauf gewählt, sodass das Video auch für Lernzwecke (ohne Hands-on) optimal genutzt werden kann. In der Handlung selbst, muss der Anwender die Videosequenz dann kurz stoppen. Des Weiteren ist es wichtig, dass das Anleitungsvideo auf das Wesentliche reduziert wird, umso die Usability im Einsatz gewährleisten zu können. Weiterführende Informationen – wie Tipps und übergeordnete Einstellungsparameter – habe ich bewusst an das Ende gesetzt. Damit auch gewisse Handlungen übersprungen werden können, habe ich zusätzlich eine Kapitelstruktur hinterlegt. Diese kann in der Video-Fusszeile über das “Chapter-Symbol” angezeigt werden.
Das Resultat – Anleitungsvideo zum Perfusor
Praxistest
Mit einem Arbeitskollege aus dem Betrieb habe ich das Anleitungsvideo getestet. Dazu habe ich ihn unvorbereitet darum gebeten, dass er einen Noradrenalin-Perfusor richten soll inkl. Inbetriebnahme am Patienten. Der erste Durchgang erfolgte ohne Anleitungsvideo und für den zweiten Durchgang habe ich ihm das Anleitungsvideo als Unterstützung zur Verfügung gestellt. Das Resultat und die Reflexion ist im nachfolgenden Video festgehalten:
Weitere Anwendungsbereiche
Solche Anleitungsvideos mit QR-Codes können auf andere Medizinalgeräte und technische Hilfsmittel ausgeweitet werden:
Die Anleitungsvideos können auch für die Einführung von neuen Mitarbeitenden nutzbar gemacht werden, indem sie in das QM-System Aldente bei den Geräteeinweisungen eingebettet werden. Dies ersetzt zwar nicht die Geräteeinführung gemäss Medizinalproduktegesetz, dennoch bietet es eine zusätzliche Unterstützung in der Einarbeitungsphase. Durch die Integration in das QM-System können die Videos auch ausserhalb des Dienstes zur Verfügung gestellt werden. Nachfolgend ein Ausschnitt aus dem betrieblichen QM-System Aldente (links: Übersicht über die offenen Geräteeinweisungen eines Mitarbeiters / rechts: Aufgabenbeschreibung zur Geräteeinweisung EKG Zoll X-Serie):
Worauf gilt es beim Management dieser Videos zu achten?
Die Video- und Audiodateien zum Anleitungsvideo des Perfusors sind aktuell auf meinem privaten Rechner abgelegt. Auch das Anleitungsvideo selbst ist momentan auf meinem persönlichen Vimeo-Account hochgeladen, um es so via QR-Code verfügbar zu machen. Für die zukünftigen Videoaufzeichnungen ist es jedoch zentral, dass die Anleitungsvideos auf einem betrieblichen Videoportal abgelegt werden. Auch die Video- und Audiodateien müssen auf einem betrieblichen Server gespeichert werden, sodass der Betrieb jederzeit darauf zugreifen kann. Hierfür braucht es jedoch noch die systemischen und rechtlichen Abklärungen mit der IT vom Kantonsspital Baselland.
Meine zentralen Lernerfahrungen im Modul:
Wie bereits eingangs erwähnt, hat mich der Gastbeitrag von Britt Bürgy (TTS) zum Thema Performance Support sehr inspiriert. Zusammen mit dieser Transferarbeit wurde mir bewusst, wie wichtig solche Unterstützungssysteme in der täglichen Arbeit sind und welche Potenziale sie im präklinischen Setting haben. Gleichzeitig zeigte es mir auch auf, wie wichtig gute und einfach verfügbare Micro-Learnings Angebote sind, um die Mitarbeitenden in den technischen Skills fit zu halten. Gerade der Perfusor wird im präklinischen Setting selten bis nie angewendet und wenn es ihn doch mal braucht, muss dieser Skill fehlerfrei umgesetzt werden, ansonsten kann er rasch zu einer Patientengefährdung kommen. Es bleibt noch abzuwarten, ob die Usability von solchen Anleitungsvideos im Einsatz gegeben ist oder ob sie lediglich für Micro-Learning Angebote verwendet werden. Für den Performance Support könnte auch ein Anleitungsblatt mit stichwortartiger Aufzählung (ggf. mit Bildern) sinnvoll sein. Für das Micro-Learning sind meiner Ansicht nach solche kurze, selbsterstellte und einfach verfügbare Anleitungsvideos aufgrund der audiovisuellen Unterstützung durchaus sinnvoll.
Methoden & digitale Tools, die ich in diesem Modul selbst erlebt habe:
Mit den Applikationen iMovie und der Videoplattform Vimeo war ich bereits vertraut. Was ich jedoch bei Vimeo dazugelernt habe, ist die Erstellung von Kapitelstrukturen, umso zwischen den einzelnen Kapiteln schnell und einfach zu springen. Zwar kostet mich dieses Feature zusätzliche CHF 8.00 pro Monat, da dieses Feature im bisherigen Abo nicht enthalten war. Für den Performance Support wie auch für das Lernen sind solche Kapitelstrukturen jedoch sehr wertvoll.
In diesem Modul habe ich ein weiteres Tool kennen und mittlerweile lieben gelernt. Im Rahmen der Einzelarbeit “Einsicht in / Verständnis von Methoden für selbstreguliertes Lernen / persönliches Wissensmanagement” habe ich mich der Aufgabe “Ablage organisieren und Zugang definieren” gewidmet. Dabei bin ich auf das digitale Tool “Diigo” gestossen. Mit “Diigo” lassen sich u.a. recherchierte Internet-Beiträge, PDF’s, Bilder etc. einfach, schnell und mit Tags versehen ablegen. Gleichzeitig können die Inhalte mit Notizen und Farbmarkierungen hinterlegt werden, was eine zusätzliche Inhaltsstruktur schafft. Für mich persönlich ist dies sehr hilfreich bei Leitlinien, umso einfach und schnell darauf zugreifen zu können inkl. meiner Notizen und Markierungen. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Inhalte (inkl. Notizen und Markierungen) mit anderen geteilt werden können und somit die Kollaboration unterstützt.
Was sind meine nächsten Schritte?
Mein nächstes Ziel ist es, unsere Rettungswagen quasi zu einem Lerngefäss zu “transformieren”. In den nächsten Wochen erweitern wir unser Organigramm, indem wir neue Verantwortungsbereiche schaffen, respektive gewisse Verantwortungsbereiche neu vergeben. Darunter fallen unter anderem der Fuhrpark sowie die Medizinaltechnik mit allen medizinischen Geräten. Zusammen mit den neuen Verantwortlichen möchte ich weitere Anleitungsvideos erstellen, welche via QR-Code einfach verfügbar gemacht werden können. Gleichzeitig sollen diese Anleitungsvideos in das QM-System Aldente überführt werden, umso auch die Einarbeitungsphase von neuen Mitarbeitenden optimal zu unterstützen.
Der Test mit meinem Arbeitskollegen hat gezeigt, wie wichtig repetitives Training im Alltag ist, um all unsere Gerätschaften fehlerfrei und zeitnah bedienen zu können. Im Rahmen unseres Fortbildungsangebots prüfen wir aktuell, ob wir sogenannte Lernpartnerschaften (Peer-to-Peer Learning) einführen, in denen ein Aufgabenkatalog mit allen technischen Geräten 1-2mal pro Jahr praktisch durchgeführt und visiert werden muss. Hierfür braucht es dann entsprechende OSCE (Objective structured clinical examination) zur gegenseitigen Überprüfung. Zusätzlich bieten Anleitungsvideos eine weitere Unterstützung in diesem Prozess.