Workplace Learning ist eine verbreitete Bezeichnung für verschiedenste Formen des (informellen) Lernens im Arbeitsfeld bzw. am Arbeitsplatz. Warum Workplace Learning in der heutigen Zeit eine zunehmende Bedeutung hat, hat verschiedene Gründe:
Workplace Learning kann an verschiedenen Disziplinen und Schnittstellen im Bereich der Arbeitswelt eingeordnet werden:
Einordnung zwischen Personal- und Organisationsentwicklung (inkl. 70:20:10-Modell)
Betriebspädagogik und arbeitsbezogenes Lernen
70% durch Erfahrung – 20% aus sozialem Lernen – 10% aus formal organisiertem Lernen
Wie die davor aufgeführte Tabelle über die Vor- und Nachteile vom Lernen am Arbeitsplatz bereits zeigt, sind dem informellen Lernen auch Limitationen gesetzt. Dehnbostel sagt: Eine umfassende berufliche Kompetenzentwicklung ist nur auf der Basis der Verbindung von informellem Lernen mit internationalem, organisiertem Lernen innerhalb und ausserhalb von Unternehmungen einzulösen.
Die Bildungsverantwortlichen sind nicht für alle diese Formate gleichermassen verantwortlich. Sie verantworten primär die auf der linken Seite repräsentierten Formate. Je weiter rechts ein Format in der Abbildung steht, desto mehr Verantwortung übernehmen die Mitarbeitenden selbst und die Bildungsverantwortlichen sind eher in einer unterstützenden oder fördernden Rolle beteiligt.
Die Gestaltung von Arbeitsplätzen und Arbeitsaufgaben haben nicht nur Auswirkungen auf Wahrnehmung, Motivation und Verhalten der Mitarbeitenden, sondern auch auf die Lern und Entwicklungsfähigkeit. Relevante Gestaltungsaspekte sind u.a. Autonomie im Arbeitshandeln, Herausfordernde Aufgaben sowie Feedback und Austausch mit den Abnehmern der eigenen Arbeitsergebnisse.
Damit informelles Lernen ermöglicht bzw. unterstützt wird, können Bildungsverantwortliche an folgenden Ansatzpunkten ansetzen:
Meine letzte Woche
Working out loud-Zirkel (WOL)
Aus organisationaler Sicht ist WOL ein Ansatz für das Etablieren einer auf Kooperation ausgerichteten Lern- und Arbeitskultur. Zentral dabei sind WOL-Zirkel. Dies sind kleine Gruppen, in denen im Rahmen eines 12-wöchigen Programms wechselseitige kollegiale Unterstützung praktiziert wird. Hier die Anleitung dazu:
LernOS als Betriebssystem für die Arbeit der Zukunft
Um die Zukunft der Arbeit erfolgreich zu gestalten, sind Ansätze des lebenslangen, individuellen Lernens und des ganzheitlichen, organisationalen Lernens Voraussetzungen. LernOS definiert drei Bereiche für die Entwicklung von Wissensarbeit:
Für den LernOS Core werden aus folgende Elemente und Prinzipien herangezogen:
Die Circle-Mitglieder sollten sich aus Gründen von Offenheit, Wissenstransfer und Diversität abteilungs- oder organisationsübergreifend zusammensetzen..
Diese fünf Schritte helfen bei einem reibungslosen Start:
Die Erfahrung zeigt, dass Mitarbeitende oft kein gut entwickeltes Handwerkszeug dafür mitbringen und zunächst einmal in ihrer Fähigkeit, systematisch Wissen aufzubauen und zu lernen, unterstützt werden müssen. So hat z.B. Koch (2015) konstatiert, dass etwa 50% der Beschäftigten nur mit erheblichem Aufwand oder gar nicht zu selbständig lernenden, lernagilen Personen entwickelt werden können.
Selbstgesteuertes Lernen und persönliches Wissensmanagement
Die drei mentalen Basisprinzipien, damit selbstgesteuertes Lernen und persönliches Wissensmanagement funktionieren kann (nach Reinmann & Eppler):
Methoden und Techniken
Die folgende Abbildung zeigt, welche Methoden und Werkzeugen eingesetzt werden können, um für einen Workshop ein neues Wissensgebiet zu erschliessen:
Die meisten betrieblichen Bildungsbereiche sehen formal organisierte Kompetenzentwicklung nach wie vor als ihr Kerngeschäft. Möglicherweise würde aber ein grösserer Wertbeitrag realisiert, wenn das systematische Entwickeln und Stärken von Kompetenzen für selbstgesteuertes Lernen und persönliches Wissensmanagement als zumindest gleichwertige Aufgabe gesehen und angenommen würde.
Die Rahmenbedingungen von informellen Workplace Learning und formalen Lernaktivitäten unterscheiden sich, womit auch etablierte Rahmenmodelle zur Evaluation nicht ohne weiteres angewendet werden können.
1. Beobachtung ausgewählter Beschäftigungsgruppen mit möglichen Leitfragen:
2. Beobachtung über den Verlauf von Karrierephasen
4. Vergleich von Kompetenzniveaus über die Zeit
Dabei sind folgende Anforderungen zu berücksichtigen:
Workplace Learning gestalten?
Workplace Learning zu gestalten ist mit Vorsicht verbunden. Würden Bildungsverantwortliche solche Situationen bewusst gestalten, würden diese in der Tendenz dem formellen Lernen nahekommen. Dadurch könnten die motivatonalen Faktoren verloren gehen, die informelle Lernaktivitäten tragen (Eigenverantwortung, Selbststeuerung: “meine Ziele”, “meine Profilschärfung”).
Rahmenbedingungen gestalten
(Mit-)Gestaltung von Workplace Learning durch Bildungsverantwortliche ist vor allem im Hinblick auf die betrieblichen Rahmenbedingungen relevant. Dazu gehört die Beeinflussung der Erfolgsfaktoren für informelles Lernen:
Den Zufall planen bzw. organisieren
Die Arbeit an den Rahmenbedingungen und Erfolgsfaktoren kann auch als “Ermöglichen des Zufalls” verstanden werden. Als Ermöglichen von Situationen, in denen Lernen im Arbeitsfeld stattfinden kann, z.B. im Gespräch mit Kollegen/-innen in der Kaffee-Ecke, in der Working-out-loud-Gruppe oder im Rahmen eines Austauschs von fachbezogenen Ressourcen im social Intranet. Planen und organisieren lassen sich diese Lernmomente eher nicht. Aber Bildungsverantwortliche können daran mitarbeiten, Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass diese Momente stattfinden können.
Für Workplace Learning befähigen
Die Mitarbeitenden spielen eine tragende Rolle. Damit sind Kompetenzerfordernisse verbunden. Selbstgesteuertes, informelles Workplace Learning erfordert insbesondere individuelle Lernstrategien und Lerntechniken (z.B. Wesentliches erkennen, Informationen verdichten, Notizen anfertigen, persönliche Wissensstruktur anreichern) sowie Methoden des persönlichen Wissensmanagements (z.B. Notizen, Visualisierung, Wissensstrukturen über mobile Endgeräte und Apps überall im Zugriff halten und selektiv für andere verfügbar machen).
Daraus ergibt sich für Bildungsverantwortliche ein neues bzw. erweitertes Handlungsfeld: Mitarbeitende zu befähigen, informelle Lernaktivitäten im Arbeitsfeld gewinnbringend umzusetzen. Dies erfordert gegebenenfalls Unterstützung im Hinblick auf Lernstrategien, Lerntechniken und persönliches Wissensmanagement.
Workplace Learning beobachten / evaluieren
Es ist möglich, mehr Transparenz zu (informellem) Workplace Learning herzustellen. Gleichzeitig ist aber zu beachten, dass die Aussagekraft etwaiger Ergebnisse vermutlich nicht von der gleichen Qualität sein werden wie die Ergebnisse von gut gemachten Evaluationen formal organisierter Lern- und Entwicklungsprozesse. Erreichbar sind also eher beschreibende Charakterisierungen zu Umfang, Akzeptanz oder auch zu guter Praxis.
Aufgaben für Bildungsverantwortliche
Die Aufgaben für Bildungsverantwortliche im Hinblick auf (informelles) Workplace Learning sind:
In unserem Betrieb gibt es viele Momente in denen (informelles) Workplace Learning stattfindet. Insbesondere in der einsatzfreien Zeit diskutieren die Mitarbeitenden über erlebte Einsätze und tauschen sich gegenseitig über die Einsatzstrategie und Versorgung aus. Aber auch während dem Einsatz findet informelles Lernen statt, indem wir z.B. ein Team-Timeout vor wichtigen Entscheidungen einbauen. Hierzu dient das FORDEC: Facts – Options – Risks – Decision – Execution – Check, wo jeder sein Wissen und seine Ideen mit einbringt oder etwas nochmals mittels Checkliste, Algorithmen oder Internet geprüft wird, bevor z.B. eine Therapie eingeleitet wird. Aber auch nach dem Einsatz im Rahmen eines Debriefing findet informelles Lernen statt. Ich glaube jedoch, dass man sich diesem Lernen nicht abschliessend bewusst ist und dementsprechend wird es auch nicht kuratiert. Hier schlummert sicherlich noch viel Potenzial. Doch der nachfolgende Fokus interessiert mich für den Transferauftrag aktuell am meisten:
Im ersten Vertiefungstag hatten wir eine Gastreferentin (Britt Bürgy – tts digital adoption solutions), welche uns das Thema Performance Support näher gebracht hat. Während des Vortrages kam mir die Idee, dass wir Performance Support noch stärker in unserem Betrieb verankern können. Es gibt u.a. mehrere medizinaltechnische Geräte (Perfusoren, AutoPulse – automatische Reanimationshilfe, Beatmungsgerät etc.) oder auch Bereiche der Fahrzeugtechnik (z.B. das Anlegen von Schneeketten bei Doppelbereifung), welche nicht oft angewendet werden und ein sogenannter Performance Support zusätzliche Unterstützung bieten kann. Hierfür würde ich gerne mit 1-2 Gerätschaften ein Video drehen, welches im RTW mittels QR-Code am jeweiligen Gerät aufgerufen werden kann. Dieses Video kann z.B. bei der Vorbereitung eines Perfusors 1:1 abgespielt werden und so als Unterstützung dienen. Gleichzeitig können diese Videos aber auch für die Einführung von neuen Mitarbeitenden genutzt werden. So könnten diese Videos ins Einführungskonzept auf der QM-Plattform “Aldente” integriert werden. Ich bin gespannt auf den Prozess des Transferauftrages und dessen Resultat.